AllgemeinAus der ADHS-Forschung

Positive und negative Kommunikation bei ADHS und Depressionen

Heute hatte ich ein Gespräch mit einem ADHS-Erwachsenen, der im Rosenkrieg lebt. Er und seine Lebensgefährtin betreuen die vier Kinder. Die Mutter ist ausgezogen.

Die Mutter unterlässt jetzt keinen Versuch, Störungen in das System zu bringen. Das bedeutet, dass sie bevorzugt in den Abendstunden die Kinder anruft und emotional aufwühlt. Sicher sind an einer Trennung immer beide Partner beteiligt.  Es geht u.a. darum, wo die Jugendlichen dann später wohnen sollen,  aber auch um Geld.

Es geht mir nicht darum, wer jetzt hier Recht oder Unrecht hat. Aber es ist sehr auffällig, dass die Kinder nach den Telefonaten dann mit Spannungen und Verhaltensauffälligkeiten reagieren (müssen). Man muss kein Systemiker oder Familientherapeut sein, um das zu merken.

Leider ist es heute nahezu unmöglich, so einen Einfluss der Mutter zu begrenzen. Zumindest dann nicht, wenn es den Kindern und letztlich meinem Patienten bzw. seiner neuen Partnerin nicht gut tut. Die müssen dann nämlich die Suppe auslöffeln, die ihnen von aussen eingebrockt wird.

Mein Vorschlag war, dass man ein Billighandy anschafft, mit dem die Kinder jederzeit Kontakt mit der Mutter aufnehmen können. Die Mutter selber sollte dann auch auf diesem Handy anrufen. Aber eben nur bis 18 Uhr.

Auf den Handys der Kids würde ich persönlich eingehende Telefonate der Mutter zunächst blockieren lassen. Solange sie sich nicht an Besuchsrecht bzw. Vereinbarungen des Jugendamtes zur Häufigkeit der Anrufe hält und die Kinder offenbar leiden.

Warum ? Dazu folgender Artikel, der sich mit Depressionen bei Jugendlichen beschäftigt:

Depressionen bei Jugendlichen und Einfluss von positiver Kommunikation

Zum Thema  fiel mir eine Untersuchung zum Einfluss von Eltern-Kind-Kommunikation (also Interaktion jeglicher Art in Worten und Verhalten) bei Depressionen im Jugendlater auf.

Lisa Sheeber vom Oregon Research Institut hat sich dabei genauer mit der sog. Dysphorie bei Jugendlichen beschäftigt. Also eine Art depressive Gereiztheit, die aber Stimmungsabstürze der Pubertät hinaus geht. Sie untersuchte dazu 69 Jugendliche ohne Depression und 72 mit einer Depression und beobachtete dabei die Interaktion mit ihren Eltern.

Naturgemäss ergaben sich negative wie positive Diskussionsthemen und die Studie untersuchte nun das Ausmass von Ärger bzw. Wut und dysphorischen Verhaltens.

Für mich nicht unerwartet: Sheeber konnte zeigen, dass bei Jugendlichen mit depressiven Störungen sich das Ausmass bzw. die Auswirkungen von dysphorischem Verhalten signifikant erhöhte, wenn sie mehr in spannungsgeladenen, negativen Diskussionen und Auseinandersetzungen verwickelt waren.

Und das spielt sich halt überwiegend dann in den späteren Stunden des Nachmittags oder Abends ab.  Bei „gesunden“  Jugendlichen konnte sich dieser Einfluss so nicht nachweisen lassen. Ihre Stimmung blieb nahezu unbeeinflusst, wenn es in der Diskussion mal hoch her ging. Auch konnte sich in beiden Gruppen keine Veränderung des Ärger- bzw. Wutlevels nachweisen lassen.

Die Studie zeigt ganz schön, dass unsere Kinder und Jugendlichen (besonders im ADHS-Spektrum und/oder bei Vorliegen von depressiven Problemen) positive Kommunikation und positive Modelle für den Umgang mit Konflikten benötigen. Gerade dann, wenn also Stimmungsschwankungen und Stimmungsprobleme in Familien bekannt sind, helfen positive Nachrichten bzw. positive Kommunikation in den Familien.

Das möchte ich ja auch mit der Aktion der #ppp Poste Positive Postings erreichen. Die habe ich über meinen Zweitblock Seelenklempnerei begonnen.  Jeden Abend um 18 Uhr soll der Newsletter mich und Euch daran erinnern, dass wir mehr Positive Nachrichten an unsere Kinder, Jugendlichen, Partner etc. aussenden sollen. Ich schicke mir also selber eine Erinnungsmail, die mich an diese Aktion erinnern soll.

Wenn wir in Facebook dauernd negative Sachen zu lesen bekommen, dann noch Nachrichten im Fernsehen + Familienstress, dann wird unser Gehirn gerade zu den Familienzeiten bzw. vor dem Abschalten am Abend eben in die falsche (= negative) Richtung gelenkt.

Mach also mit:
1. Überlege mindestens eine positive Nachricht / Erfahrung um 18 Uhr und schreibe sie möglichst auch auf (z.B. auf www.facebook.com/seelenklempnerei) oder per Twitter mit dem Hashtag #ppp.

2. Teile Positive Nachrichten an mindestens drei weitere Personen und erreiche möglichst viele Nachahmer / Mitmacher der Aktion.

3. Übertrage die Erfahrungen in Deine Familie bzw. Deinen persönlichen Bekanntenkreis.

Reference:
Sheeber, Lisa B., Peter Kuppens, Joann Wu Shortt, Lynn Fainsilber Katz, Betsy Davis, and Nicholas B. Allen. Depression is associated with the escalation of adolescents’ dysphoric behavior during interactions with parents. Emotion 12.5 (2012): 913-18. Print.

Ein Gedanke zu „Positive und negative Kommunikation bei ADHS und Depressionen

  • Unsinnstifter

    Kann man auch einfacher sagen.

    Wenn man einen Menschen liebt, dann redet man immer mit ihm erbaulich. Man wünscht sich das es dieser Person gut geht, man will ihm den Weg zum Glück ebnen. Man lobt auch wenn man Tadeln muss. Der Tadel ist keine Strafe bzw. Strafaktion, sondern vom Wunsch getrieben, den so getadelten zu fördern, ihm Einsicht zu verschaffen und persönliches Wachstum zu ermöglichen.

    Eigentlich nicht so schwer, wenn man die natürlichen Neigungen noch nicht verloren hat. Leider treiben wir uns das oft aus in unserer heutigen Wettbewerbs-Ellbogengesellschaft.
    Das Ergebniss sind Verlust und Leiderfahrungen, die dazu beitragen, das man verbittert ist und Selbstwertkonflikte entstehen. Liebevolles Verhalten verlernt oder gar nicht mehr gelernt werden kann durch Vorbilder / Eltern & Bindungspersonen/Beziehungspersonen.

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