Es kann nicht sein
In einem aktuellen Zeitungsbeitrag wird der Chef einer Psychiatrie in Qu. damit zitiert, dass die Häufigkeit von ADHS im Erwachsenenalter schon deshalb so nicht sein könnte, weil ja Generationen von Psychotherapeuten sie früher nicht erkannt hätte.
Eine bestechende Logik.
Wenn man also keine Ahnung hat bzw. sich in den letzten Jahren auch nicht mit Leitlinien bzw. Publikationen der DGPPN beschäftigt hat, so ist das dann die Rechtfertigung dafür, dass es ADHS in Qu. nicht gibt.
80 Prozent der Patienten, die in die ADHS-Ambulanz kommen würden, hätten andere psychiatrische Störungen oder Persönlichkeitsstörungen.
Das stimmt.
Sie haben eben AUCH andere Störungen.
Man muss aber schon bewusst an dem Problem vorbei schauen wollen, wenn man sich dann nicht um die Kernproblematik kümmert.
Was der kürzlich habilitierte und hoch dekorierte Experte aber verschweigt : ADHS kommt eben nicht allein und die weltweite Forschung hat nun genügend Belege dafür, dass die neurobiologische ADHS-Disposition eben zu zahlreichen mehr oder weniger atypischen psychiatrischen Diagnosen führt. Die dann meistens aber auch Fehldiagnosen sein können.
Vorrangig sind hier angebliche Bipolare Störungen (bzw. Zyklothymie) bzw. Borderline-Störungen zu nennen. Aber auch aus dem Spektrum von rezidivierenden depressiven Störungen gibt es nun in der alltäglichen psychiatrischen und psychosomatischen klinischen Praxis genügend Beispiele für unentdeckte ADHS-Problematiken.
Herr B. ist nun auch Experte für Zwangsstörungen. Gerade in diesem Bereich ist die Überlappung mit ADHS in 25 Prozent der Fälle publiziert. Atypisch verlaufende Zwangserkrankungen bzw. Symptomatiken sollten immer auf eine zugrundeliegende ADHS-Konstitution untersucht werden. Nur eben nicht, wenn man dem Dr. B. folgt.
Als Direktor einer Psychiatrie ist es insbesondere dann bei Suchtpatienten schon grob unqualifiziert, wenn man die Bedeutung von ADHS, Störungen mit oppositionellem Trotzverhalten bzw. Störungen des Sozialverhaltens nicht in die Routinediagnostik und Therapie miteinbezieht.
Ich erhalte tagtägliche Emails bzw. Schreiben von Eltern bzw. Patienten, die in Psychiatrien wie in Qu. betreut bzw. besser gesagt “allein gelassen werden”.
Weil es ja nicht sein kann, was wir nicht kennen.
Elternführerschein wird oft gefordert.
Wie wäre es mit einem Arztführerschein?
Wer menschlich und intellektuell nicht in der Lage ist diesen Beruf auszuüben, der kriegt egal nach welchem NC keine Ausbildung?
Ich meine total versagende Autofahrer mit Geisterfahrerpotential würde man sofort von der Straße holen.
Im medizinischen Betrieb darf der Geisterfahrer offenbar unter Applaus großer Teile der Gesellschaft noch Vollgas geben …
Andererseits: Gerade bei der ADHS sind Einzelmeinungen ohne wissenschaftliche Grundlage doch letztlich nichts neues.
Jaja, so ist das, was willste machen 🙂