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ADHS Psychotherapie bei Erwachsenen Achtsamkeit oder DBT ?

Gelesen im Oktober :
ADHS-Gruppentherapie bei Erwachsenen : Skills-Training mit DBT oder Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion ?

Dr. Edel und sein Team haben eine interessante, aber auch ernüchternde Untersuchung zur Psychotherapie bei ADHS im Erwachsenenalter publiziert. Dabei untersuchten sie ein über jeweils 13 Wochen laufendes Gruppentherapieprogramm für Erwachsene mit ADHS. Zwar war die Untersuchung nicht über eine Kontrollgruppe placebokontrolliert und somit auch nicht randomisiert Aber sie erlaubt doch einige interessante Aussagen über die Grenzen von Therapie bei ADHS im Erwachsenenalter.

Für die Studie wurden jeweils 39 ADHS-Erwachsene in eine Achtsamkeitsgruppe (sog. Mindfullness-based Strsss Reduction) und 52 ADHSler in eine Psychotherapiegruppe mit einem Skills-Training nach der Dialektisch-Behavioralen Therapie (DBT) untersucht. Das Skills-Training ist ja auch als Freiburger Konzept bekannt geworden und gilt für viele Therapeuten mehr oder weniger als Standard-Manual für die Behandlung von ADHS im Erwachsenenalter. Wenn man ganz ehrlich ist, ist es aber “nur” ein Teil eines Gesamttherapiekonzeptes von Linehan zur Behandlung der Borderline-Persönlickeitsstörung. Interessant ist aber, dass dieses Freiburger Konzept in einer umfangreichen Studie zu ADHS im Erwachsenenalter untersucht wurde. Dabei zeigten sich aber eben auch eher ernüchternde Ergebnisse in den Therapieresultaten.

Achtsamkeitsbasierte Therapie gilt auch als 3. Welle der Verhaltenstherapie. Mindfullness-based Stressreduktion hat sich bei zahlreichen psychischen Störungen als hilfreich erwiesen. Letztlich hat dieses Vorgehen gewisse Ähnlichkeiten zur DBT, da beide starkt auf buddhistische Prinzipien beruhen bzw. eben Achtsamkeit als Thema haben.

Edel und Kollegen verglichen nun die Wirksamkeit über 13 Wochen.

Die Ergebnisse sind eher ernüchternd. Es zeigten sich allenfalls leichte bis moderate Therapieeffekte. .
Als Ansprechen der Therapie wurde eine Reduktion der ADHS-Symptome über 30 Prozent definiert. Dies konnte bei 11,5 Prozent der Skills-Gruppe (nach Philippsen und Hesslinger) und in 30,8 Prozent der Achtsamkeitstherapie erreicht werden.

Für mich zeigt dies aber eben auch, dass es sich in beiden Methoden um keine störungsspezifische Therapie der ADHS-Symptomatik handelt. Im Kern wird eben überhaupt nicht die Besonderheiten der Störungen höherer Handlungsfunktionen thematisiert. Es stellt sich dabei auch ganz grundsätzlich die Frage, ob man Exekutivfunktionen eben “behandeln” kann oder muss. Oder aber eher ein Coaching-Ansatz für die Kernsymptomatik hilfreich wäre. Für mich persölich stehen dann die Sekundärfolgen der ADHS im Vordergrund. Hier kann Achtsamkeit ein wesentlicher Baustein sein.

4 Gedanken zu „ADHS Psychotherapie bei Erwachsenen Achtsamkeit oder DBT ?

  • Interessante Studie.
    Aber welche Aussagekraft haben derart kurze Studien. 13 Wochen sind, gerade beim Thema
    Achtsamkeit, recht kurz.
    Und wenn die” Achtsamkeitsgruppe ” mit über 30 % fast dreimal effektiver ist als die DBT,
    stellt sich mir die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre wenn sich Menschen mit ADHS möglichst
    frühzeitig mit den Originalen , sprich Tai Chi und Buddhismus, beschäftigen.

    Gotam

    Antwort
  • Ich kann mich Ihrer Schlussfolgerung zu 100 % anschliessen. “Achtsamkeit” ist schon sehr wichtig, schon um überhaupt die individuell typischen Problemsituationen und Reaktionsmuster zu erkennen, es ist aber nicht die Lösung. Es kann nur darum gehen für die jeweils sehr individuellen ADHS Problem einen adäquaten individuellen Umgang zu suchen und diesen zu verankern.

    Antwort
  • Herzlichen Dank für die Veröffentlichung!

    Als jemand, der auch schon in den Genuss der DBT kommen durfte, wundere ich mich über diese ernüchternden Ergebnisse überhaupt nicht. Die Therapeuten leugnen dies allerdings vehement und halten ihr Tun für das Ei des Kolumbus, das auch bei ADHS weitgehend die Normabweichungen ausmerzen kann.

    Interessant wäre auch, die Probanten der Studie nach einem Jahr nochmal nach dem Erfolg der Therapie zu befragen oder zu testen um zu sehen, wie dann die Prozentzahl aussieht. Mit langfristiger Wirkung von mehreren Jahren mag ich gar nicht erst anfangen…

    Jedenfalls freue ich mich, als selbst Betroffene, immer wieder, wenn meine Erfahrungen und folgend meine Rückschlüsse, durch Studienergebnisse von wissenschaftlicher Seite sogar untermauert werden.

    Antwort
  • Neben der Störung der Exekutivfunktionen habe ich bisher (mit emoflex-Brille auf der Nase) das Level der Alarmierung und Alarmierbarkeit und das permanente Switchen zu impulshaftem Verhalten als Kernsymptomatik von ADS/ADHS verstanden. Daher hätte ich bei beiden Achtsamkeitsmethoden eine Besserung der Symptomatik durch Dealarmierung erwartet – zumindest wenn Achtsamkeit und soziales Skillstraining dabei helfen, im “normalen Modus” zu bleiben. Offenbar reichen die Interventionen aber nicht, oder die 13 Wochen sind zu kurz?

    Antwort

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