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Schwerpunkt ADHS im Deutschen Ärzteblatt

Schön. Sehr schön.

Jeder Arzt erhält zwangsweise das Deutsche Ärzteblatt regelmässig in seine Praxis oder nach Haus geliefert. Nicht kostenlos, weil es im Ärztekammerbeitrag quasi als Zwangsabo drin ist. Wenn es also nicht gerade auf den Stapel von weiterem Altpapier landet, wird es doch von den meisten Kolleginnen und Kollegen zur Kenntnis genommen.

Und so werden sich jetzt die werten Allgemeinmediziner, Urologen oder auch Psychiater mit dem Schwerpunktthema ADHS beschäftigen.

Kurz vor der Veröffentlichung neuer S3-Leitlinien werden in der jüngsten Ausgabe quasi eine Übersicht über das derzeitige Wissen zu Ursachen und Behandlung von ADHS zusammengefasst. Schön gemacht. Besonders schön, wie die Fachleute um einige Klippen herum formulieren. So wird quasi mit geschickten Formulierungen die Tatsache etwas schön geschrieben, dass die nicht-medikamentösen Behandlungsverfahren und Neurofeedback nun in den verblindeten Untersuchungen sich als nicht wirksam herausgestellt haben und damit mieser sind als das Weglassen von Farbstoffzusätzen. Das ist echt bitter !

Man kann natürlich aber die Bereiche der Verhaltenstherapie positiv darstellen, wo sich ein Effekt (nicht verblindet) nach Auffassung der Autoren zeigte. Nun gut. Fällt mir vielleicht nur als Dauernörgler auf. So wie es in der Zusammenfassung gemacht wird. Da heisst es dann, dass sich Verhaltenstherapie positiv auf das elterliche Erziehungsverhalten, auf die Sozialverhaltensprobleme sowie das Funktionsniveau der betroffenen Kinder auswirkt.

Richtig. Diese Probleme haben aber längst nicht alle ADHS-Kinder, sondern eben Kids mit einer Störung mit oppositionellem Trotzverhalten und Störungen des Sozialverhaltens. Daher ist es fragwürdig, wenn man diese Kids erst mit therapeutisch nicht wirksamen Therapie-Manualen quält, die aber hinsichtlich der ADHS-Kernsymptomatik nicht greifen (können). Sehr wohl aber dann zur Therapiemüdigkeit führen.

Wünschenswert wäre aus meiner Sicht, wenn wir uns mal damit beschäftigen, warum denn diese Studien keine signifikanten Ergebnisse zeigen (können). U.a. auch deshalb, weil die zugrundeliegenden Definitionen und Störungsmodelle eben überhaupt nicht die aktuellen Erkenntnisse über die Regulationsdynamik bzw Aktivierung und Hemmung neuronaler Systeme (Stichwort Default Mode-Network) und auch gar nicht weiter die Bedeutung von höheren Handlungsfunktionen oder Reizfilterüberlastung berücksichtigen.

ADHS in Deutschland ist da ziemlich hinter dem Mond bzw noch ziemlich in der guten alten Denke der 90er Jahre verhaftet. Damals als Döpfner mal Ideen aus den USA abgekupfert bzw. auf deutsche Verhältnisse adaptiert hat. Davon lesen wir in der Zusammenfassung nichts.  Und ich fürchte irgendwie, dass ich auch auf dem anstehenden Kinder- und Jugendpsychiaterkongress in Ulm wenig neue Dinge dazu erfahren werde.

Dann steht da in der Zusammenfassung : Wesentlicher Behandlungsbaustein der ADHS-Therapie ist die Pharmakotherapie.

Ich hoffe, dass dies auch gelesen und verstanden wird. Und wieder wird dann in den Kommentaren von Psychoanalytiker zu lesen sein, dass die Gabe von Medikamenten bei ADHS obsolet sei.

Da steht dann doch tatsächlich :

“Eine primär medikamentöse Therapie ist ab dem Schulalter indiziert, wenn eine stark ausgeprägte und situationsübergreifende ADHS-Symptomatik besteht, die zu erheblichen funktionellen Beeinträchtigungen führt.”

Nur noch mal für uns Laien und Fachleute : Man darf und wird ja die Diagnose ADHS nur stellen, wenn es eine situationsübergreifende (in 2 oder mehr Lebensbereichen bestehende) erhebliche Beeinträchtigung gibt. Das ist ja in den Diagnosekriterien schon so drin….

Wird das aber auch in der Praxis umgesetzt ? Bei uns in der Region noch lange nicht. Bevor mal an die Medikation gedacht wird, sind Monate und Jahre vergangen… Und dann wird die Medikation so schlecht durchgeführt, dass die Eltern halt aufgeben.

Ein Gedanke zu „Schwerpunkt ADHS im Deutschen Ärzteblatt

  • Hallo,
    ich als betroffe Mutter, von 2 betroffenen Kindern, eins ist medikamentös eingestellt, habe erst einen Kinderpsychologen, Claus Jacobs, Bremen aufgesucht, meinte Tochter war 6 Jahre und 4 Jahre später erst einen Kinderpsychater.
    Wie wir die Diagnose bekommen haben, waren wir damit total überfordert. Da wir Eltern ja oft selbst betroffen sind. Es stellte sich dann raus das mein Mann es auch hat. Er hat sich ein Jahr nach der Diagnose medikamentös einstellen lassen und macht zusätzlich eine Verhaltenstherapie.
    Es geht langsam vor an. Bei ihm sehe ich es auch so ohne Medikamente geht es nicht.
    Es kommt immer auf die Ausprägung an.
    Man nimmt sich selbst als normal war, nun bekommt man diese Diagnose und fängt an an sich selbst zu zweifeln oder abzublocken.
    Bei mir selbst und bei meinem Sohn ist es nicht so stark ausgeprägt wie bei meinem Mann und meiner Tochter sie werden immer jemanden brauchen zur seelischen Unterstützung.
    Mir fehlte von den Therapeuten und den Ärzten der Leitfaden. Praktische Informationen zum anwenden.
    Das der erste und Richtige Weg ist seinen Alltag zu entstressen, dazu gehört zum Beispiel die Information, das man einen Schwerbehindertenausweis beantragen kann, man bekommt 50% und ein H, was einen finanziellen oder Job technischen Vorteil haben kann oder das Pflegestufe beantragt werden kann, was die Eltern entlastet werden können durch eine Haushaltshilfe und professionelle Kinderbetreuung.
    Mir persönlich hat es geholfen mich nicht mehr anzupassen an den Druck und die Erwartungshaltung anderer. Ich habe meinen Weg gefunden. Aber das hätte schneller gehen können durch bessere Information.
    Durch gezieltes nachfragen des Therapeuten oder Arztes ( Kinderarzt) und Beratung. Für mich und meinen Mann war eine räumliche Trennung einer mit der Hauptpunkte die eine Gesundheitliche Verbessrung herbei führte.
    Für ADSler oder ADHSler ist ein erlernen von Achtsamkeit im Kindesalter wichtig und nicht wie passe ich mich der Geschwindigkeit des Alltags- und Erwartungswarnsinn der Gesellschaft an. Es ist immer individuelle ob mit oder ohne Medikamente von Patient zu Patient.l
    Meine Tochter fühlte sich nicht wohl mit dem Medikament wir haben verschiedene ausprobiert über ein Jahr und sind jetzt bei Elvanse angekommen. Meine Tochter ist niedrig eingestellt, dadurch das wir unseren Alltag dem Kind angepasst haben. Das Ziel ist es es irgendwann nicht mehr regelmäßig zu brauchen. Am Wochenende und in den Ferien nimmt sie es nicht. Das funktioniert bei uns sehr gut. Wie gesagt es ist immer individuell und eine gute Beratung durch das Aufzeigen der Möglichkeiten ist sehr wichtig damit jeder seinen guten Weg mit ADS oder ADHS finden kann. Perfekt wäre es einen Infozettel mit zu bekommen, nach dem Gespräch hat man eh die Hälfte vergessen, ob mit oder ohne ADS oder ADHS ! 😉
    Viele Grüße

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