Mein Bruder mit ADHS

Beim Stöbern bin ich auf folgende Schilderung einer Schwester eines jetzt erwachsenen ADHSlers gestossen.

Unabhängig von der hier ja nicht zu beantwortenden Frage, ob er nun wirklich eine Borderlinestörung hat (was ich bei Jungs mit ADHS eher für eine seltene Komorbidität halte), so wird endlich mal die Sicht und Angst der Geschwister von einem hyperaktiven Jungen mit erheblichen Störungen im Sozialverhalten und damit wohl auch Familienleben aufgegriffen. Aus der subjektiven Sicht der Schwester.

Sie wirft die Frage auf, warum das ADHS nicht früher erkannt und behandelt wurde und warum er dann mit 17 in die Psychiatrie geschickt werden musste. Ob man eine solche Entwicklung also nicht durch eine bessere und frühzeitige Behandlung verhindern könnte. Deutlich wird die Angst, dass er sich was antun könnte und er schliesslich irgendwann nicht mehr da sein könnte.

Das Leben mit dem Bruder wird nicht immer leicht gewesen sein. Auch oder gerade der zusätzliche Cannabiskonsum und die Angst vor mündlicher und körperlicher Aggression prägt das Erleben von vielen Geschwistern und weiteren Familienangehörigen. Sie müssen häufig zurückstecken, wenn es um die ständige Betreuung und erneute Regelverstösse des Bruders geht.

Häufig genug treten dann die Schwestern innerlich zurück, passen sich immer und immer wieder an und kommen zu kurz.

Ich habe es dabei auch häufiger erlebt, dass sie eigentlich eben auch eine ADHS-Konstitution haben, die sich dann aber eben gerade nicht in hyperkinetischem Verhalten zeigt. Sondern eher in Form von innerer Unruhe, Lern- und Teilleistungsstörungen und eben dann ein Versuch, sich nichts anmerken zu lassen.

Unter meinen derzeitigen Patientinnen mit Essstörungen sind so einige Frauen dabei, die eine entsprechende Biographie aufweisen.

Daher: Es ist gut an den Bruder mit ADHS zu denken. Es ist noch besser, die weiteren Geschwister nicht zu vergessen.

Ein Gedanke zu „Mein Bruder mit ADHS

  • 04.06.2012 um 09:16
    Permalink

    Was wieder meine Frage aufwirft: Welche Form der ADS hat man und ist sie beeinflussbar? Also letztendlich veränderbar?
    Was im Fall mit dem Bruder heissen würde, der Bruder konnte (erlaubterweise) die Zügel schiessen lassen und extrovertiert sein, die Schwester hielten sich zurück und wurden introvertiert oder strukturiert.

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