ADHS und zwanghaftes Horten
Gibt es Zusammenhänge zwischen ADHS und zwanghaftem Horten bzw. dem Messie-Syndrom?
Vorbemerkung: Aktuell muss ich das Haus meiner verstorbenen Mutter auflösen. Und gefühlt hat sie keine Schnipsel Papier von 3 Magisterarbeiten, Zeitschriften und allen möglichen Krimskram gesammelt. Ein Grund mehr, mich heute mit dem Thema zwanghaftem Horten und ADHS zu beschäftigen.

Nach meiner subjektiven Beobachten sehen viele Messie-Klienten eher einen Zusammenhang zwischen eigenen frühen Bindungssstörungen bzw. Entwicklungstraumata und ihrer Problematik. Aber das bedeutet ja keinesfalls, dass nun dies nicht auch mit einer angeborenen ADHS-Konstitution bzw. Neurodiversität im Zusammenhang stehen kann. Also ein “sowohl als auch”.
Zwanghaftes Horten, auch bekannt als Messie-Syndrom, kann für Menschen, die davon betroffen sind, sehr belastend sein. Neue Forschungen haben nun gezeigt, dass Menschen mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) auch signifikant häufiger Symptome des zwanghaften Hortens aufweisen. Dies kann einen erheblichen Einfluss auf ihre Lebensqualität haben.
Eine Studie, die in der Zeitschrift “Journal of Psychiatric Research” veröffentlicht wurde und von der British Academy und dem Leverhulme Trust finanziert wurde, ergab, dass fast jeder fünfte Mensch mit ADHS klinisch signifikante Symptome des zwanghaften Hortens aufweist. Dies deutet darauf hin, dass es eine verborgene Gruppe von Erwachsenen geben könnte, die mit dem Horten und seinen Folgen kämpfen.
Das Messie-Syndrom ist eine anerkannte Erkrankung, die durch übermäßige Ansammlung von Gegenständen, Schwierigkeiten beim Wegwerfen und übermäßigen Unordnung gekennzeichnet ist. Die Erkrankung kann zu Belastungen oder Schwierigkeiten im täglichen Leben führen und zur Entwicklung von Depressionen und Angstzuständen beitragen.
Bisherige Forschungen zum Messie-Syndrom haben sich hauptsächlich auf ältere Frauen konzentriert, die sich selbst als Sammlerinnen identifizieren und später im Leben Hilfe suchen. Diese neue Studie, die von Dr. Sharon Morein von der Anglia Ruskin University (ARU) geleitet wurde, rekrutierte 88 Teilnehmer aus einer ADHS-Klinik des Cambridge and Peterborough NHS Foundation Trust.
Die Studie ergab, dass 19% dieser ADHS-Gruppe klinisch signifikante Symptome des zwanghaften Hortens zeigten, im Durchschnitt in ihren 30ern waren und es eine gleiche Verteilung von Männern und Frauen gab. Bei den verbleibenden 81% fanden die Forscher eine größere Schwere des Hortens, aber nicht in einem Maße, das ihr Leben signifikant beeinträchtigte, im Vergleich zur Kontrollgruppe der Studie.
Die Forscher stellten den gleichen Personen Fragen über ADHS-Symptome und Impulsivität, das Ausmaß des Hortens und der Unordnung, die Schwere von Zwangsstörungen, Perfektionismus, Depressionen und Angstzuständen sowie die alltägliche Funktion. Sie stellten dieselben Fragen auch einer eng abgestimmten Gruppe von 90 Erwachsenen aus der Allgemeinbevölkerung ohne ADHS-Diagnose und fanden nur bei 2% dieser Kontrollgruppe klinisch signifikante Symptome des zwanghaften Hortens.
Die Forscher wiederholten diese Untersuchung mit einer größeren Online-Stichprobe von 220 Erwachsenen aus dem Vereinigten Königreich, um zu sehen, ob ähnliche Muster gefunden wurden. Auch hier zeigten nur 3% dieser Gruppe Symptome.
Dr. Morein, Associate Professorin für Psychologie an der Anglia Ruskin University (ARU), sagte: “Das Messie-Syndrom ist viel mehr als nur das Sammeln von zu vielen Dingen”. Vielmehr geht man davon aus, dass eben auch Exekutivfunktionen bzw. ein Gefühl von Zeit und Wahrnehmung von Gegenständen (“aus den Augen, aus dem Sinn”) eine große Rolle spielt.
Es gibt auch einige Bewältigungsstrategien, die helfen können, das Messie-Syndrom und die Symptome von ADHS zu lindern. Eine Therapie, insbesondere eine kognitive Verhaltenstherapie, kann dazu beitragen, die zugrunde liegenden Probleme zu erkennen und zu bewältigen. Eine medikamentöse Behandlung von ADHS kann ebenfalls helfen, die Symptome zu reduzieren und die Konzentration zu verbessern.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Forschungsergebnisse darauf hinweisen, dass das Messie-Syndrom und ADHS bei Erwachsenen miteinander verbunden sein können. Es ist wichtig, diese Verbindung zu verstehen und zu berücksichtigen, da eine frühzeitige Diagnose und Behandlung dazu beitragen können, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der betroffenen Personen zu verbessern.
Tja, dann out ich mich mal. Nicht als Klischee-Messie mit totaler Vermüllung, sondern als Sammlerin. Habe deshalb – in Kombination mit Unordnung auf Oberflächen – mindestens zweimal Probleme mit Vermietern bekommen und einen schlechten Status in der Familie.
“ein Gefühl von Zeit und Wahrnehmung von Gegenständen (“aus den Augen, aus dem Sinn”) ” – dazu habe ich vor einigen Jahren die Theorie gehört, dass Menschen mit ADHS sich über Gegenstände erinnern, quasi nicht nur der Kalender als externes Gedächtnis, auch die Gegenstände in der Wohnung oder im Keller. Bei mir trifft das zu. Dadurch werden auch banale Gebrauchsgegenstände oder alte Unterlagen zu Ankern der Erinnerung. Viele berichten, dass sie sich kaum an die Schulzeit erinnern können. Ich kann es, habe aber auch noch Vieles aus der Zeit, obwohl ich mich vor ein paar Jahren von uralten Schulbüchern getrennt habe. 40 Jahre alte Unterlagen vom Studium vor dem Wegwerfen im Scanner digitalisiert – und sogar das tat emotional weh. Die Macht, sofort sehr klare Erinnerungen zu triggern, haben nämlich nur Gegenstände, die man angreifen kann. Die alten Uni-Unterlagen dienen also höchstens noch als Datenquelle, eine Funktion als Erinnerungshilfe haben sie nicht mehr. Drum habe ich mir auch ein paar Übungsprotokolle behalten – will ja das Gedächtnis nicht verlieren. 😉