Allgemein

Prokrastination als Schutzfunktion: Ein neuer Blick auf ein aufgeschobenes Problem

Wie man Aufschieberitis / Prokrastination für und nicht gegen sich nutzen kann

Prokrastination, das Aufschieben von Aufgaben und Verpflichtungen, ist ein allzu vertrautes Phänomen. Die meisten von uns haben schon einmal Zeit mit scheinbar unwichtigen oder ziellosen Tätigkeiten verschwendet, anstatt sich den drängenden Aufgaben zu widmen. Doch was, wenn wir Prokrastination nicht nur als lästiges Übel betrachten, sondern versuchen, ihre tieferen Ursachen zu verstehen?

Die herkömmliche Herangehensweise, gegen Prokrastination zu kämpfen, hat oft wenig Erfolg. Der Versuch, sie mit Willenskraft und Selbstkontrolle zu überwinden, führt häufig zu Erschöpfung und Frustration. Dies wiederum kann zu weiteren Ablenkungstaktiken führen, die uns noch tiefer in den Strudel der Prokrastination ziehen.

Doch was, wenn Prokrastination tatsächlich eine Art Schutzfunktion hat? Wovor schützen wir uns, wenn wir Aufgaben aufschieben? Diese Frage mag auf den ersten Blick schwer zu beantworten sein, und es besteht die Gefahr, sich erneut in Ablenkungsmanövern zu verlieren. Stattdessen sollten wir uns fragen: Was genau hindert uns daran, unsere Aufgaben anzugehen? Welche inneren Kräfte üben eine so starke Anziehungskraft auf uns aus?

Die Antwort auf diese Fragen ist komplex und individuell, aber einige gemeinsame Muster sind erkennbar:

  1. Emotionale Überwältigung: Manchmal schieben wir Aufgaben auf, um unangenehmen Emotionen zu entkommen, wie Angst, Frustration oder Trauer.
  2. Hintergrundstimmung: Wir können unsere Konzentration an eine diffuse Hintergrundstimmung abgeben, die uns vom eigentlichen Ziel ablenkt.
  3. Gedankenwirrwarr: Flüchtige Gedanken und Sorgen können unsere innere Ruhe stören und uns daran hindern, uns auf eine Aufgabe zu konzentrieren.
  4. Aufregung: Die Vorfreude oder Angst vor bevorstehenden Ereignissen kann unsere Aufmerksamkeit von aktuellen Aufgaben ablenken.
  5. Erinnerungen: Negative Erinnerungen und Ärger über vergangene Fehler können uns davon abhalten, produktiv zu sein.
  6. Routine: Das Festhalten an Gewohnheiten und Routinen kann uns daran hindern, Neues auszuprobieren oder ungewohnte Aufgaben anzugehen.
  7. Kurzzeitige Belohnung: Die Aussicht auf sofortige Befriedigung oder Belohnung kann uns dazu verleiten, wichtige Aufgaben aufzuschieben.
  8. Angst: Die Angst vor Versagen, Schmerzen oder dem Unbekannten kann uns lähmen und davon abhalten, unsere Ziele zu verfolgen.

Diese Faktoren können als eine Art Sicherheitssystem betrachtet werden, das uns vor unangenehmen Erfahrungen oder Veränderungen schützen soll. Ähnlich wie bei der Selbstkritik, bei der wir uns über unsere eigenen Fehler ärgern, zeigt sich hier eine innere Ambivalenz. Wir sind hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, in der Komfortzone zu bleiben, und dem Wunsch nach persönlichem Wachstum und Erfolg.

Um Prokrastination zu überwinden, ist es hilfreich, diese inneren Konflikte zu erkennen und zu verstehen. Statt gegen uns selbst anzukämpfen, können wir versuchen, die Funktionen von Emotionen und Gedanken zu erahnen. Dies erfordert eine bewusste Auseinandersetzung mit unseren Gewohnheiten und Denkmustern.

Die Veränderung beginnt, wenn wir uns bewusst werden, wie diese inneren Mechanismen arbeiten. Dieser Erkenntnisprozess allein kann eine neue Erfahrung schaffen, die im Laufe der Zeit zu neuen Denkmustern und einer veränderten Identität führt. Wir können stolz darauf sein, dass wir uns unseren inneren Konflikten stellen und uns aktiv mit unseren Gedanken und Gefühlen auseinandersetzen.

Prokrastination kann ein Hinweis darauf sein, dass wir uns vor etwas schützen wollen. Wenn wir jedoch die Sinnlosigkeit und Zeitverschwendung der Prokrastination erkennen, können wir den inneren Konflikt unterbrechen und die Energie, die wir für Ablenkung aufwenden, zur Lösung unserer Aufgaben nutzen.

Es ist ein aktiver Prozess, der Zeit und Übung erfordert, aber letztendlich kann er dazu führen, dass wir uns von den Fesseln der Prokrastination befreien und unser volles Potenzial entfalten können. Ein Gedanke kann zwar keinen anderen Gedanken überwinden, aber die bewusste Auseinandersetzung mit unseren Gedanken und Gefühlen kann uns auf den Weg zur Veränderung bringen.

Möchtest du effektiver gegen Prokrastination vorgehen? Mir hat das Timeboxing-Prinzip geholfen. Also Zeit-Boxen von 10,25 und 50 min vorplanen und dann auch umsetzen. Eine Timeboxing-App wie z.B. Sunsama kann dir dabei helfen. Du kannst sie verwenden, um deine Zeit sinnvoll zu planen und Aufgaben in gut portionierte Abschnitte aufzuteilen. Probier es aus: Sunsama Timeboxing-App.

Zusätzlich möchte ich auf meine Buddy-Coaching Membership “Neurobuddy” hinweisen, die sich derzeit jeden Mittwoch und Freitag um 10 Uhr trifft, um gemeinsam gegen Erledigungsblockaden anzugehen. Richtig los geht es ab Mitte Oktober. Wenn du Unterstützung und Motivation bei der Bewältigung von Prokrastination suchst, könnte dies eine großartige Gelegenheit für dich sein. Gemeinsam hat man da einfach mehr Erfolg. In meiner Steady-Membership ist es im Paket 3 mit “drin”. Ich biete dir eine 30 tägige Probezeit, um das Verfahren dann kennenlernen zu können (https://steadyhq.com/de/adhsspektrum/about). Wenn Du da aktiv werden willst, melde dich einfach mal unter webpsychiater(at)gmail.com

Lasst uns gemeinsam an unseren Zielen arbeiten und die Prokrastination überwinden und aus dem Wollen ein Machen erreichen !

Kommentar verfassen

%d Bloggern gefällt das: