ADHS und Bewegung
Es ist schon merkwürdig: Gerade bei Kindern mit einem hyperkinetischen Syndrom scheinen Bewegung und Bewegungsmangel ein neu entdecktes “In”- Thema zu sein. Der amerikanische ADHS-Experte John Ratey vermarktet nun Bewegung sowie sportliche Aktivität als “Revolution”. Hintergrund dabei ist, dass sehr wohl ein Zusammenhang zwischen Vernetzung im Gehirn, Stress(abbau) und eben Lernen besteht. Was ja eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Und ein Zusammenhang ist, der ganz sicher nicht nur für ADHS-Kids gilt. Aber dort schneller und stärkere Auswirkungen haben kann.
20-30 Minuten Bewegung am Tag (viermal bis fünfmal die Woche) wären eine gute Medizin. Das hat auch Sabine Kubesch als Sportwissenschaftlerin an der Uni Ulm (bei Prof. Spitzer) schon vor einigen Jahren festgestellt. Siehe hier . Umgekehrt ist es aber nicht so, dass nun ein Sportmangel ADHS verursacht. Im Gegenteil: Viele ADHSler machen ja gerade gerne Sport.
Aber nur etwa sechs Prozent der amerikanischen Schulen bieten täglichen Sport (wenn man mal von der Footballmannschaft beziehungsweise dem Basketball-Collegeteam) absieht. Auf der einen Seite haben wir also einen Trend in den USA, der zu immer mehr Adipositasproblemen mit allen möglichen und unmöglichen medizinischen Komplikationen führen muss. Und andererseits dann schon das Phänomen, dass nun Bewegung in Form von vermarkteten Programmen verkauft werden muss. Und auch bei uns wird die Zeit für Schulsport eher eingeschränkt, durch Ganztagesschulen dann Vereinsarbeit im Sportbereich reduziert. Mist.
Churchill soll von seinem Lehrer immer wieder um das Schulgebäude gejagt worden sein, um seinen Bewegungsdrang abzubauen. Sicher eine gute Idee. Und nicht besonders neu.
Gerade ADHS-Kinder benötigen ein rechtes Maß zwischen Aktivierung und eben Abbau von Energie. Was sie aber dagegen nicht gut aushalten können, sind Aktivitätslöcher. Also ungenützte Pausen bzw. Unterbrechungen. Sport und regelmässige Bewegung ersetzt dann nicht eine ADHS-Medikation. Sport trägt dann aber – ebenso wie frische Luft und Naturerlebnisse – dazu bei, dass die Medikation auch wirken kann. Sport bzw. Bewegung baut aber auch Spannungsbögen auf, bzw. eine Aktivierung des Arousals (innere Anspannung), um dann wieder abzubauen. Das ist auf jeden Fall eine wichtige Übung.
Schwieriger ist aber, hier einen Sport zu finden, den die Kids durchhalten und sich nicht durch syndromtypische Probleme selber wieder ausgrenzen. Sehr häufig spielt hier die Person des Trainers/der Trainerin eine ganz entscheidene Rolle. Nicht allein die Sportart entscheidet, sondern die Fähigkeit der Anleiter, die Kinder zu integrieren.
Daher kommt es nach meiner Erfahrung weniger auf die Sportart, als vielmehr auf die Trainer an.
Letztlich muss man sich klarmachen, dass das Vereinswesen massgeblich auf den Einsatz und Hilfsbereitschaft von ADHSlern fusst. In vielen Vereinen sind (bewusst oder meist unbewusst) ADHS-Betroffene Jugendleiter bzw. übernehmen eben für den Erhalt der Vereine Aufgaben. Keinesfalls selbstverständlich…
Ich finde diese text sehr gut! Als kind hatte ich mich gerne bewegt, aber der sportstunde erlebte ich als eine quälerei, weil es viel leistungsdruck gab. Manchmal war ich sogar gezwungen sachen zu machen die mich stark angst machte.
Ich höre immer wieder sport sei gesund und ich weiss dass mich bewegen mich gut tut und spüre ich es auch. Aber ich bin eine sportmuffel und denke dass es schon verrückt wie die schule bei eine ADS-mädchen der lust von sport so vergraulen gelassen hat.
Eine freundin von mich versucht mich immer wieder zu manche sport zu überzeugen, aber alles was mich dann an diese gehasste sportstunde errinnert löst so heftige emotionen dass ich mich sehr stark überwinden muss, und doch kaum geniessen kann.
Als sport geht dann nur was mich nicht triggert in bezug auf die schule. Ballspiel ist kein thema, freesbee auch nicht. Spazieren, schwimmen (nur nicht im kalte wasser!), tanzen geht doch.
Also, ich finde auch wichtig, wenn sport so gesund ist, dass man es in der schule auch für alle kindern attraktiv und spannend macht, mit viel abwechslung (damit jeden kind mal etwas schönes erlebt) mit mehr spass und freiheit und weniger druck.
Noch besser als Sportprogramme wäre eine Umgebung, die zulässt, dass Kinder sich draussen frei bewegen, herumrennen, Rollschuh oder Rollbrett fahren, klettern und spielen können. Und zwar ohne Anleitung und ständige Beaufsichtigung.