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ADHS Selbstregulation durch Rückmeldung des Verhaltens

Die Diagnostik und „Therapieangebote“ für Kinder und Jugendliche mit Entwicklungs- und Verhaltensstörungen ist schon fast eine Gesundheits- Industrie. Hinzu kommen noch Anbieter, die über die Jugendhilfe ihren Lebensunterhalt verdienen, Heilpraktiker, Lerninstitute und sicher der ein oder andere Verkäufer von der „Wundertherapie“ für oder gegen ADHS.

Gemeinsam ist diesen Anbietern häufig, dass eine Pathologisierung bzw. Fokussierung auf Störverhalten, auf Probleme, auf Defizite erfolgt. Und – bewusst oder unbewusst – den Eltern in der ein oder anderen Form die Schuld für das „Versagen“ des Kindes zugeschoben wird.

So ganz langsam erkennt auch die professionelle ADHS-Therapie, dass man da den Eltern unrecht tut. So habe ich vor einigen Tagen eine Studie gelesen, die sich mit der Wirksamkeit von nicht-medikamentösen Therapieverfahren in der ADHS-Therapie beschäftigte. Da heute in Niedersachsen die „Giftblätter“ verteilt wurden, ein guter Tag sich mal mit der Frage zu beschäftigen, was denn nun hilft. Einmal (!) im Halbjahr erhält also der Schüler bzw. seine Erziehungsverpflichteten eine Rückmeldung. Das ist viel zu wenig. Aber eben gerade noch das, was sich Lehrer heute zutrauen. Gegenbeispiele z.B. in der HEBO-Schule oder aber jetzt in der Privatschule meines Sohns zeigen, dass es auch anders ginge, nicht weh tut und auch gar nicht mehr Zeit kostet :

Die Antwort ist simpel : Daily-report-cards, d.h. eine Rückmeldung des Verhaltens (z.B. Hausaufgaben, positives Verhalten im Unterricht, Probleme) TÄGLICH zwischen Elternhaus und Schule. Und zwar kontinuierlich.

ADHS Rückmeldungen über das Verhalten und Fortschritte
tägliche Rückmeldung zwischen Eltern und Schule sind wirksam und notwendig bei Kindern mit ADHS / Autismus-Spektrum-Besonderheiten



Ich habe das selber mit unserem Sohn versucht. Kontinuierlich war in der Sprache der Schule : EINE Woche. Dann versackte diese simple, wie einfache Methode, die nachhaltig und wissenschaftlich erwiesen die Selbstregulation des Schülers verbessert.

Übrigens nicht nur bei ADHS, diese Methode würde für alle Schüler hilfreich sein.

Dann aber müsste ja der / die / das Lehrer eine aktive Rolle übernehmen. Verantwortung für den Prozess übernehmen, der in der Schule läuft. In ein Heft oder einen Feedback-Bogen eine Notiz schreiben bzw. ein Symbol zur Rückmeldung geben. Ist das wirklich zu viel verlangt ?

Statt dessen soll sich das Kind bzw. seine Eltern „ändern“. Dies ist aber bei ADHS nur im Fenster des „Hier und Jetzt“ möglich. Also dort, wo das Problem auftritt. Also : In der Schule.

Zeugnisse sind ein gutes Beispiel für eine Rückmeldung. Mein jüngerer Sohn hat Förderstatus. Er bekommt keine Noten, dafür aber Rückmeldungen über seine Entwicklungen und Kompetenzen. Sowas müsste regelmässig und eben in Bezug auf die Selbstregulationskompetenzen erfolgen. Die höheren Handlungsfunktionen des Gehirns entscheiden, ob ein Kind später im Leben klar kommt.

Die meisten anderen „Details“ des Unterrichts sind dann irgendwann vergessen. Selbstregulation bzw. die Förderung von höheren Handlungsfunktionen ist aber ein sozialer Lernprozess, der entscheidend für die spätere Lebensentwicklung ist.

Es wäre schön, wenn hier Schule und Eltern zusammen und nicht gegeneinander arbeiten und lernen würden.


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3 Gedanken zu „ADHS Selbstregulation durch Rückmeldung des Verhaltens

  • Das wäre sicher wünschenswert. Aber es ist tatsächlich zu viel verlangt. Jeden Tag für 15-25 Schüler eine kurze Notiz in ein Heft, das sie notabene erst suchen, finden und bringen müssen… (Hauptschule, einige AD(H)Sler.
    Rechnen wir 1 Minute Zeitaufwand pro Schüler = 15-25 Minuten pro Tag.
    Und dann noch genau wissen, bei welchem Schüler was gemeldet werden muss… Das schaffe ich für maximal 2 Schüler seriös über längere Zeit.
    Bei den anderen versuche ich mich in der verlangten Beurteilung der 12 (!) Selbst- und Sozialkompetenzen, die ich durch regelmässige Einträge das ganze Jahr durch bewerten muss. Und die ich auch mit den Schülern anschaue.
    Solche Rückmeldungen brauchen Zeit und Zeitgefässe zum Besprechen. Existiert bei uns 1h pro Woche im Stundenplan. Dort werden auch konkrete Hilfestellungen besprochen und geplant.

    Aber tägliche, schriftliche Rückmeldungen für alle Schüler…. 😱😱😱

    Antwort
    • Ganz ehrlich : 1 Minute (EINE) pro Schüler ist nicht drin ? Es sind ja nicht 25 Schüler mit dem gleichen Ausmaß an Selbstregulationsstörungen in der Klasse (und wenn würde ich dringend eine 2. Lehrkraft empfehlen).

      Ich glaube, dass man sich dann lieber den Unterricht insgesamt sparen sollte, wenn das nicht möglich ist. Die Vermittlung von LEHR-Stoff ist doch hirnrissig und überflüssig, wenn die SELBST-Regulation nicht angeleitet und gefördert wird.

      Ich würde jedem Lehrer empfehlen, den Job zu kündigen, wenn das nicht umzusetzen ist. Einerseits den Arbeitsplatz frei geben, für einen Kollegen, der es macht. Andererseits sich eine sinnvolle Tätigkeit suchen, wenn es strukturell nicht umsetzbar ist.

      Antwort
      • Sie sprachen von Rückmeldungen an ALLE Schüler. Darauf bezieht sich auch meine Antwort.
        Also jedem Schüler jeden Tag eine Rückmeldung geben „müssen.“ Weil es ja allen Schülern gut tut.
        Meine Abneigung gilt den institutionalisierten Raster-Rückmeldungen, die ich absolut für nicht sinnvoll halte, da sie schnell zu Alibi-Übungen verkommen, nichtssagend und wirkungslos. Jedes Feedback muss ja auch ankommen und Kritik und Lob ein Stück weit begleitet werden, soll es denn wirksam sein.

        Selbstredend kriegen Schüler mit Förderbedarf Rückmeldung. Arbeite ich da doch intensiv mit meiner Heilpädagogin, dem Sozialarbeiter, Eltern (oder bei Heimkindern Bezugspersonen), Assistenzen, evt. Therapeuten zusammen, existieren Förderpläne usw. Und für alle anderen Schüler steht eine Lektion pro Woche zusätzlich zur Verfügung, um an ihren Selbst- und Sozialkompetenzen zu arbeiten.

        Ich weigere mich nur, mich zur Lehrer-Sekretärin degradieren zu lassen, die dauernd irgendwelche Bewertungszettel ausfüllen soll, jede Verfehlung elektronisch erfassen muss, damit sie beweisbar ist usw. Anstatt mit den Schülern individuell an ihren Problemen arbeiten zu können und sie für Themen zu begeistern, von denen sie noch nicht einmal wussten, dass sie sie überhaupt interessieren.

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