ADHS und Rauchen bei Frauen
… und nicht nur bei Frauen.
Wenn man seit vielen vielen Jahren die aktuellen Artikel zu ADS / ADHS verfolgt, dann wiederholen sich die Themen und die Veröffentichungen. Das liegt in der Natur von Wissenschaft, die eben auch über die Wiederholung zu einer Bestätigung von Erkenntnissen kommt.
Dann aber auch immer genauer bzw. differenzierter beschreibt, ob es einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Phänomenen gibt. In diesem Fall : Zwischen Rauchen (und der Nikotinabhängigkeit) und den neurobiologischen Aspekten von ADS bei Frauen. Hier spezieller, ob der sog. unaufmerksame Subtyp eben auch oder vielleicht sogar stärker gefährdet ist, eine Nikotinabhängigkeit zu entwickeln.
Kohortenstudien mit Zwillingen sind dabei ideal, um eine solche Fragestellung zu beantworten. Es ist ja ziemlich logisch : Wer früher anfängt zu qualmen bzw. mehr Zigaretten am Tag inhaliert, ist früher tot. Oder harmloser ausgedrückt, hat mehr krankheitsrelevante spätere Erkrankungen wie COPD, Herzerkrankungen, Schlaganfälle oder eben Krebs (nicht nur Lungenkrebs). Ganz zu schweigen davon, dass die lieben Mitmenschen (und hier speziell die Kinder) vom Passivrauchen sicher auch geschädigt werden.
Wegen dem extrem hohen genetischen Anteil bei ADHS spielt es dann also umso mehr eine Rolle, dass man sehr genau die Risikofaktoren für den frühen Beginn (und das Beibehalten) vom Rauchen untersucht.
Was kommt dabei raus, wenn man die 3 Studiengruppen zusammenfasst und auswertet ?
Jugendlichen, die stärkere ADHS – Symptome haben, haben ein erhöhtes Risiko nikotinabhängig zu werden. Und zwar früher und länger anhaltend, als andere Jugendliche. Und noch genauer : Mädchen bzw. junge Frauen vom unaufmerksamen Subtyp sind sogar noch gefährdeter (bzw. statisch noch ausgeprägter) betroffen, als Jungs bzw. Vertreter mit einem hyperaktiv-impulsiven Subtyp.
Rauchen ist also nicht nur (oder nicht speziell) als dysfunktionale Form gegen die innere Unruhe und Anspannung zu sehen. Sondern scheint über Dopamin bzw. Beeinflussung im Ruhe-Netzwerk (Default-Mode-Network) als Stimulans eine Funktion zu haben, die dann besonders bei Mädchen den Griff zur Zigarette gefährlich werden lässt. Weil man nicht wieder davon loskommt.
Immer noch wird ADS / ADHS bei Frauen nicht erkannt. Andererseits sind die psychosomatischen und psychiatrischen Kliniken aber immer wieder überproportional mit Raucherinnen belegt.
In unserer Patientenvortrag zum Thema Tabak sollte dieser Zusammenhang dringend aufgenommen werden. Und hoffentlich nicht nur bei uns, sondern eben allgemein in den Köpfen von Ärzten und Psychologen :
Wenn man an den offensichtlichen Zusammenhang von ADS und Rauchen denkt, kann man viele spätere Folgeerkrankungen verhindern und Leben retten. Umgekehrt gedacht : Einer Raucherin mit ADHS wird es ungleich schwerer fallen, von ihrer Sucht loszukommen, wenn man das zugrundeliegende Problem auf neurobiologischer Ebene nicht erkennt und behandelt.
Dabei denke ich nicht nur an Elontrl, das früher als Zyban ja ein Raucherentwöhnungsmittel war / ist. Hier denke ich an eine gute Diagnostik (einschliesslich weiterer Familienmitglieder) in Hinblick auf ADHS und Begleit- und Folgeerkrankungen und auch eine multiprofessionelle ADHS-Therapie.
Ich habe mal gelesen, dass Raucher nach Behandlung des ADS recht gut aufhören könnten, weil das Grundübel “beseitigt” wurde. Stimmt das? Soll auch beim Alkohol und Drogen funktionieren, weil die eben als “Selbstmedikation” eingesetzt wurden und wenn das nun nicht mehr nötig wäre, dann könnte man recht einfach davon loskommen. Auch das Essen wird ja als Beruhigung eingesetzt, was man bei Kindern, die ziemlich genau ab ca. 8-10 Jahren anfangen dick zu werden beobachten könnte (weil sie dann anfangen unter dem ADS zu leiden und aktiv nach “Behandlung” und Selbstmedikation suchen).