Immer früher und immer mehr … (Teil II)
Manuel, 13 Jahre alt, bei mir seit rund einem Jahr wegen einer ADHS in Behandlung, wird von seiner Mutter notfallmässig wegen plötzlich aufgetretenen schweren Schlafstörungen in meiner Sprechstunde angemeldet.
Was ist passiert?
Manuel erzählte, seit vergangenem Montag nicht einschlafen zu können. Er denke unentwegt an seine Zukunft und mache sich Sorgen, einen passenden Beruf zu finden. Er sorge sich dann, am kommenden Tag müde zu sein und im Unterricht noch mehr zu verpassen.
Im Verlauf des Gespräches stellte sich heraus, dass Manuel am vergangenen Freitag mit der ganzen Schulklasse die „Berufsmesse“ besuchte. Am Montag habe die Klasse einen Aufsatz schreiben müssen. Thema: „Mein Traumberuf“. Manuel erzählte mir mit stockenden Worten, dass er nichts habe schreiben können und das Blatt leer abgegeben habe. Der Lehrer habe gleich „ausgerufen“.
Manuel berichtete, echt nicht zu wissen, was er werden solle. Er habe sich angestrengt, aber es sei ihm nichts eingefallen. Er sei immer mehr in Stress gekommen und sei dann komplett blockiert gewesen. Er hätte lügen und irgendwas schreiben müssen, sagte Manuel, das habe er nicht gewollt.
Manuel ist nicht der einzige meiner jungen Patienten, welche sich viel zu früh viel zu viel Gedanken wegen der Berufswahl machen muss. Beginnen tut’s so ab dem 12. Lebensjahr.
Ich finde es einfach verrückt, dass Schüler/-innen in diesem Alter schon mit Berufsfragen konfrontiert werden.