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Gerechtigkeitssinn bei ADHS-Betroffenen (Teil 3)

Vier von fünf Teilnehmer/-innen stimmten in der Umfrage, ob ADHS-Betroffene einen ausgeprägteren Gerechtigkeitssinn als andere haben, mit „Ja“. Das entspricht von der Grössenordnung her auch meiner Einschätzung (basierend auf eigenen Erfahrungen mit Betroffenen sowie gestützt auf Rückmeldungen von Eltern, Angehörigen und Lehrpersonen).

Dem Thema Gerechtigkeitssinn bei ADHS kommt damit auch ohne wissenschaftliche Untersuchung und Bestätigung Evidenz zu.

Gerechtigkeitsempfinden – Gerechtigkeitssinn: Was ist das eigentlich? Und überhaupt: Was ist Gerechtigkeit?

Zum Glück muss ich diese Fragen nicht beantworten. Andere (und Gescheitere als ich) versuchen dies seit Jahrhunderten. Dieses Thema ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheit. Einmal mehr erlaubt Wikipedia einen ersten Einblick in die Vielschichtigkeit dieser Thematik.

Aus meinen Erfahrungen zeigt sich der Gerechtigkeitssinn bei ADHS-Betroffenen in erster Linie beim Sich-ungerecht-behandelt-fühlen. Beispiele bei Kindern sind:

  • Reaktionen auf Ungleichbehandlungen in der Schule
  • Nicht-Aufgerufen werden, obwohl man sich im Unterricht meldet
  • Strafen beim Dazwischenreden, weil man etwas weiss und nicht warten kann
  • usw.

Auf den ersten Blick könnte man meinen, der Gerechtigkeitssinn von ADHS-Betroffenen sei vor allem ich-bezogen. Dem ist aber nicht so. Ich kenne zahlreiche Kinder und Erwachsene mit einer ADHS, welche ein echtes uneigennütziges Gerechtigkeitsempfinden aufweisen. Beispiele sind:

  • Sich einsetzen für Schwächere und für Tiere
  • Aufgrund des oft guten Allgemeinwissens* oftmals Mitleid mit Menschen aus Kriegsgebieten und Opfer von Naturkatastrophen
  • Begeisterter Einsatz in der Jugendfeuerwehr, bei den Pfadfindern und ähnlichen Organisationen
  • Sich wehren für Mitschüler, die von der Lehrperson oder Mitschülern ungerecht behandelt werden
  • Mitleiden, wenn andere Kinder geplagt werden oder wenn sie am Strassenrand totgefahrene Füchse sehen
  • Darauf bestehen, dass Bettlern ein Geldstück gegeben wird
  • usw.

Schon einige Male habe ich von ADHS-Kindern gehört, dass sie sich mit ihrem Bewusstsein um die erlebten oder vernommenen Ungerechtigkeiten sehr alleine fühlen. Oder dass sie deswegen ausgelacht würden.

Auch für viele Erwachsene mit einer ADHS ist Gerechtigkeit ein Thema. So las ich im Anderswelt-Forum von einer betroffenen Frau, dass diese ihren Anforderungen an ihren eigenen Gerechtigkeitssinn nicht nachkommen könne, was zu extremen Schuldgefühlen führe. Von anderen erwachsenen Betroffenen weiss ich, dass es ihnen oftmals zu weh tut, zusehen  zu müssen, was in der Schule, am Arbeitsplatz, ja auf der Welt schlechthin an Ungerechtigkeiten geschieht.

Wieso aber haben viele ADHS-Betroffene ein ausgeprägtes Gespür für Ungerechtigkeiten?

In einem Forum für Erwachsene mit ADHS schrieb jemand, dass der grosse Gerechtigkeitssinn auch ein Resultat von bereits erlebten Ungerechtigkeiten sei. Das spielt sicherlich eine grosse Rolle. Wenn ich nur daran denke, was mir ADHS-Patienten an erniedrigenden und kränkenden Erlebnissen berichten, macht diese Feststellung sehr viel Sinn.

Ich würde aber noch einen Schritt weitergehen: Durch den breiten Wahrnehmungsstil und mangels ‘normal’ funktionierender Verdrängungsmechanismen nehmen ADHS-Betroffene Ungerechtigkeiten sehr klar wahr. In vielen Fällen scheint das Gefühl des Sich-ungerecht-behandelt-fühlens also zu stimmen. Es ist also nicht nur die Reaktion auf erlebte Ungerechtigkeiten, sondern scheint mit dem ADHS-typischen Wahrnehmungsstil zu tun zu haben.

Im Grunde genommen müsste sich nicht die Frage stellen, wieso ADHS-Betroffene einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn haben, sondern vielmehr, warum andere diesen nicht haben. Meines Wissens spielte der Gerechtigkeitssinn schon in der Evolution eine Rolle: Die gerechte Verteilung von Ressourcen schien mit einem Selektionsvorteil einherzugehen. So wundert es denn auch nicht, dass davon ausgegangen wird, dass der Gerechtigkeitssinn angeboren ist (siehe dazu auch hier). Offenbar verfügen viele ADHS-Betroffene über eine sehr wertvolle Ressource.

Wenn dem so ist, so müsste man sich fragen, wieso es denn nicht mehr ADHS-Betroffene gibt, welche durch ihre Taten in der Öffentlichkeit bekannt dafür sind, einen grossen Gerechtigkeitssinn zu haben. Dazu Folgendes:

  • Die ADHS zeichnet sich dadurch aus, dass bei Betroffenen aus primär neurobiologischen Gründen das “Umsetzen” erschwert ist. Man will und weiss auch, was zu tun wäre, kriegt es aber nicht ‘auf die Reihe’ ( Ursache -> Entwicklungsstörung der Exekutivfunktionen). Ausnahme: es ist spannend und sehr herausfordernd (wobei auch dann der ‘Kick’ schnell schmilzt wie Butter an der Sonne).
  • Viele ADHS-Betroffene sind durch Misserfolgserlebnisse, Verletzungen und Scheiternserfahrungen demoralisiert und entkräftet. Es fehlt ihnen oftmals an Energie, sich zu wehren, wenn etwas nicht OK ist.
  • So sicher bin ich mir nicht, ob es wirklich so wenige ADHS-Betroffene sind, die sich im Leben tatkräftig für mehr Gerechtigkeit einsetzen. Ich kenne einige (auch wenn von deren Taten nicht im TV berichtet wird).

Mich würde interessieren, was unsere Blog-Leserinnen und -Leser zu diesem Thema denken.

Wie ist das “80%-Resultat” zu interpretieren?

Welche neuen Fragen tun sich auf?

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* Oftmals verfügen ADHS-Betroffene über eine gute beiläufige Aufmerksamkeit: Währendem sie sich oft nicht zu fokussieren vermochten und absichtlich Gelerntes nicht gut einspeichern konnten, bleiben Nebensächlichkeiten und Details oft erstaunlich gut ‘hängen’. Ja, das sogenannte beiläufige Gedächtnis ist bei ADHS-Betroffenen meist erstaunlich gut ausgeprägt.

18 Gedanken zu „Gerechtigkeitssinn bei ADHS-Betroffenen (Teil 3)

  • Pingback: Was mich seit einem Jahr fasziniert. – Fenzas

  • “Im Grunde genommen müsste sich nicht die Frage stellen, wieso ADHS-Betroffene einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn haben, sondern vielmehr, warum andere diesen nicht haben. Meines Wissens spielte der Gerechtigkeitssinn schon in der Evolution eine Rolle: Die gerechte Verteilung von Ressourcen schien mit einem Selektionsvorteil einherzugehen.”

    Kleiner Tip: Wir drehen uns um und gucken über den Tellerand zu den Tierverhaltenswissenschaftlern, die mit Schimpansen und Bonobos arbeiten. Die Gattung teilt sich in zwei Arten, den Gemeinen Schimpansen (Pan troglodytes) und den Bonobo oder Zwergschimpansen (Pan paniscus). Da gibt es Forschungsergebnisse, die ich schon seit Jahren gespannt verfolge. Die sozialen Systeme beider Arten könnten nicht unterschiedlicher sein.
    Aber niemand würde auf die Idee kommen, einen Bonobo als verhaltensgestörten Schimpansen zu bezeichnen.
    Die spannende Frage ist meiner Meinung nach, wo war, evolutionsbiologisch, eine enge, gerechte Zusammenarbeit von vitalem Nutzen für die Gruppe?

    Nur meine Theorie, auf die übrigens auch der Macher des rdos tests schon gekommen ist:

    Das hat man nicht in großen Gruppen mit hohem internen Konkurenzdruck um Recourcen, sondern eher in kleinen, weit auseinanderliegenden Siedlungen. Und die findet man bei den Neanderthalern.
    In einer isolierten Gruppe nützt es dir überhaupt nichts, deine Resourcen eifersüchtig für dich zu behalten, wenn der Rest der Truppe neben dir verhungert und unfähig ist, bei der nächsten Jagd zu helfen.

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  • Pingback: Anonymous

  • Sinnstifter

    Zitat Cordula:

    “Ich als Stino ertappe mich dabei, dass ich abwäge, ob das Kundtun einer erlebten oder miterlebten Ungerechtigkeit mir schaden könnte. Ich glaube daher, dass ADHSler und Stinos das gleiche Gerechtigkeitsempfinden haben, dass Stinos sich eher bremsen, wenn es um Autoritäten o.ä. geht.”

    Das empfinde ich soweit auch. Deneln n logischerweise ist die Regulation einen Impuls aus welchem Grund auch immer zu unterdrücken, gestört. Ebenso mag das Oppositionieren aus einer ähnlichen Quelle gespeist sein. Ich selbst erlebe immer wieder, wie ich regelrecht Anfälle bekomme wenn Dinge nicht gesagt werden die jeder weiß.
    Ein anderer Aspekt ist die Tatsache, das die Folgen für das eigene Handeln eine ausreichende Reflektion und Abwägung von Zusammenhängen braucht. Diese Überlegungen dienen alleine dafür einen Impuls zu bremsen, der innerlich vom Menschen empfunden wird, aber zu keiner Reaktion führen darf, weil das Individuum die Konsequenzen fürchtet.
    Genau hier setzt bei mir auch immer wieder alles aus, OBWOHL ich eigentlich die Sinnlosigkeit einer Auseinandersetzung kenne oder auch aus Verständniss und Respekt für die Positionen anderer Menschen gerne den Ball flach halten möchte und dem Anderen das Gefühl geben, das sein Standpunkt und Handeln erstmal nur deshalb eine Daseinsberechtigung hat, weil er als MitMensch diese Position so einnimmt. Das Verstehen des Mitmenschen führt automatisch zur Toleranz gegenüber seiner als ungerecht empfundenen Handlungsweise. Diese Art des Respekts ist in mir vorhanden, aber durch die Regulationsstörung, dadurch das ich mich nicht zügeln kann, ist mir fast unmöglich das in den Griff zu bekommen und das zu tun, was ich eigentlich möchte.

    Es ist nur für ADHSler ein bischen bequemer und schmeichehaft zu glauben, sie seien in bestimmten Eigenschaften besser als andere. Ich halte diese Einstellung für falsch und sogar (im Einzelfall) für gefährlich. Allgemein für nicht zielführend was therapeutische Zielsetzungen angeht.

    Zitat Cordula

    “Zu dem Thema an sich möchte ich noch hinzufügen, dass ich ADHSler oft als großzügig erlebe. Beispiel: Wenn ein Kind mit ADHS sein komplettes Taschengeld für Süßigkeiten ausgibt, gibt es den anwesenden Freunden nicht bloß etwas ab, sondern teilt die Einkäufe gleichmäßig auf. Der Impuls es jetzt “schön / in Ordnung” zu haben überwiegt scheinbar das Berechnen, dass dann morgen weniger / nichts mehr von den Süßigkeiten übrig ist.”

    Das basiert ebenso auf der Unfähigkeit einen AUfschub der Belohnung richtig einzuordnen. Zu geben macht Freude, das ist nicht nur positives christliches Gedankengut, sondern heute schlicht messbare Tatsache http://www.youtube.com/watch?v=uoxUF6jLY1Q. Etwas zu verteilen und damit selbst die Freude des Gebens wahr zu nehmen und sich dabei gut vorkommen zu können, kann auch ein Selbstzweck sein, der sofortige Reaktionen im Belohnungszentrum auslöst. Hier könnte eventuell sogar ein Ankerpunkt liegen, der das ADHStypische Helferlein motiviert. Allerdings will ich nicht sagen, das das per Berechnung erfolgt, sondern intuitiv “wissen” ADHSler das Geben mehr einbringt. Gleichzeitig ist aber dem Geben immer eine Grenze vorgeschoben: Die eigene Leistungsfähigkeit, die eigenen Grenzen erkennen. Die eigene Substanz bewahren, denn nur so kann man auch langfristiger Helfer sein, aber genau diese Regulationsmechanismen greifen bei ADHSlern wenig.

    Das ist also das, was die von Cordula geschilderte Situation aufzeigt: Fehlende Regulation der eigenen Bedarfsplanung, fehlendes vorausschauendes Handeln gerade DURCH eine Regulationsstörung und am Ende muss der ADHSLer OHNE seine Bonbons auskommen.

    Genau das ist das, was ich selbst an mir immer erlebt habe. Lieber von den letzten 20 Euro im Monat noch mal einen drauf machen und gut Essen und Trinken, dann eine Woche Nudelsuppe, anstelle ordentlich geplantes sinnvolles aufteilen und mittelmäßig genußvolles verzehren des vorhandenen Geldes.
    ___

    Nein, diese Verkürzungen und Vorurteile helfen gar niemandem, ausser das sie schmeichelhaft sind und den Narzissmuss der ADHSler bedienen. Nicht das ich uns Betroffenen nicht gönnen würde, einen Lichtblick auf uns selbst zu werfen, aber Verdrängung, Verleugnung, Falschdarstellung hilft nix, es verzerrt nur die Wirklichkeitswahrnehmung und stört einen vernünftigen Therapieansatz.

    MFG

    Antwort
  • Also ich glaube, dass zumindest bei mir “Gerechtigkeit für alle” gilt. Aufgrund jahrelanger Konditionierung stecke ich sogar eher bei mir selbst zurück und brause bei anderen auf.

    Nachdem mein loses Mundwerk jahrezehntelang eher schlecht für mich war, bin ich endlich in einer Umgebung gelandet wo es geschätzt wird. Nachdem ich in einer Mitarbeiterversammlung als Einzige eine Frage gestellt habe bin ich sogar im Betriebsrat gelandet. Gerade WEIL ich den Mund auf mache egal was los ist.

    Ich möchte anmerken, dass ich durch MPH zwar nicht mehr sofort aufbrause aber ich gehe in Gedanken alle möglichen Argumente durch und wenn ich zu einem eindeutigen Schluss komme, DANN mache ich den Mund auf. Und dann passiert es schon mal, dass ich mein Gegenüber zumindest vorübergehend in Grund und Boden rede. Immerhin muss ich alle Argumente loswerden bevor ich sie wieder vergessen habe und bevor mir neue einfallen.
    Das MPH wirkt also meistens nur als Zeitzünder mit Zufallswert. In den anderen Fällen haben sich die Argumente gegenseitig aufgehoben.

    Ich finde den Absatz über die beiläufige Aufmerksamkeit übrigens sehr interessant. So hinderlich sie bei der Arbeit im Mehrpersonenbüro mit offener Tür auch oft ist: Ich bin über so gut wie alles informiert obwohl es mir nicht direkt gesagt wurde und es nicht mal zu meinen Aufgaben gehört. Und immer wieder sagen mir Kollegen direkt, wie sehr sie das schätzen – und indirekt auch, denn gerade wenn es richtig stressig wird halte ich plötzlich das Wollknäuel (Sinnbild für viele chaotisch verworrene “Fäden”) in der Hand. Und dadurch, dass ich schon mein ganzes Leben unter Dauerstrom stehe, wirke ich in solchen Situationen ruhiger als die anderen – wenn plötzlich alles schneller als normal ist, hat es endlich meine Wohlfühl-Geschwindigkeit. Wenn man sich nicht mehr innerlich bremsen muss, lässt es sich viel besser Arbeiten.
    …die Strafe folgt sobald das Problem gelöst ist. Dann merke ich, dass die Energie schon eine Weile alle war.

    Antwort
  • Mich bringt dieser Gerechtigkeitssinn regelmäßig in Schwierigkeiten… durch die gestörte Impulskontrolle nenne ich die Dinge halt ohne groß nachzudenken beim Namen, und wenn etwas ungerecht und schlecht ist, dann dann sage ich das auch…. Im Beruf bei Vorgesetzten kommt das in der Regel schlecht an und führt zu Schwierigkeiten und im Freundeskreis eben auch. Was ich aber als viel schlimmer erlebe, dass Kollegen und Kolleginen die Misstände oft in der selben Form wahrnehmen wie ich (ich arbeite an einer Schule), das sie aber so gut wie nie den Mund aufmachen (und wenn höchstens hintenrum), Änderungen die ich dann vielleicht erreiche nehmen sie aber sehr gerne hin, und wenn es dann darum geht, dass schöne angenehme Aufgaben verteilt werden, werde ich meist übergangen, weil ich ja als unbequem gelte….

    Ich habe im letzten Jahr Sachen erlebt, unfassbar… aber keiner sagt oder tut was…

    Antwort
    • Interessant.. und wo führt das hin , wenn du Ritalin nimmst und therapiert wirst und auch die Klappe hältst? hm… dann macht niemand mehr etwas.. dann sind alle still.. spannend!!! Die ideale Gesellschaft.. oder?

      Antwort
      • KLar, lin die Klappe halten klappt aber auch nicht mit MPH… Therapie habe ich erst angefangen, mal sehen. Mich kotzt es halt an, dass immer alles auf meine Kosten letzten Endes geht. Aber ausser mir sagt irgendwie keiner was. Wissen das ganz viel schief läuft tun sie aber ALLE!

      • @Verhaltensoriginell
        Ich setz mich heute bedeutend weniger in die Nesseln als noch vor 2 Jahren. 😉
        Die Welt zwingt uns umzulernen. Bin gespannt… dann werden sie selber lernen müssen die Kastanien aus dem Feuer zu holen.
        Aber so wie ich die Welt kenne, werden sie das nicht besser machen, sondern einen “Sklaven” erfinden/finden, der das machen muss. Schade. Denn, dass die Welt die ADSler einfach würde schätzen können, nein, dass passt nicht ins Schema.
        (Ich kenne Beispiele, aber das führt hier zu weit.. deshalb bin ich mir sicher)

      • seit wann schätzt man Aliens? Was ich so unerträglich finde, sind die Kinder in meinem Job, auf deren Kosten das geht. Mir geht einfach nicht in den Kopf, dass keiner sieht wie wichtig schnelles Handeln für die Kids wäre, statt dessen verläuft das regelmäßig im Sand. Und schuld sind ja immer die anderen… Bei mir hat das so weit geführt, dass ich mir nun einen neuen Job suche, aber auch da wird es grantiert wieder genau so sein. Der soziale Beruf war für mich wohl doch nicht der richtige 🙁

      • Ja, ich bezeichne mein Ritalin auch scherzhaft als Beruhigungstabletten. Sie halten mich davor ab, meine Meinung zu sehr zu vertreten. Und immer ist die Angst mit dabei, dass ich mich dadurch zu einem Herdentier degradiere….

    • papillonindigo

      Ich finde zwar eine alien zu sein nicht immer schön, aber immer bewundere ich menschen die zum teil hohe risiko eingehen weil sie bei ungerichtigkeiten die klappe aufmachen “müssen”. Vielen riskieren sogar ihre leben, manche bekommen mal der friedenpreis weil sie wirklich etwas bewegt haben.

      Die welt braucht solche menschen!

      Ich ecke auch an mit meine grosse klappe und lerne nun es diplomatischer zu sagen. Beruflich habe ich ehe nicht viel mehr zu verlieren und kann deswegen mich auch einiges erlauben.

      Ich denke, jeden muss für sich selber wählen was besser ist zwischen schweigen und anecken.

      Auch wenn es manchmal wehtut die klappe aufzumachen, nehme ich doch diese risiko ein. Es gibt menschen die mich mit meine spontane, natürlich, ehrliche art mögen.

      Es scheint mich auch dass es auch menschen die nicht vertragen dass man die wahrheit sagt.

      Antwort
  • papillonindigo

    Ich kann wirklich vieles an diese blogeintrag und kommentar einfach zustimmen. So erlebe ich auch!

    Gerechtigkeit war mich immer wichtig und vielleicht durch meine sensibilität und impulsivität hatte ich mich weniger gebremst als anderen und mehr angeckt (was mich manchmal bremst)

    Ich kann immer noch nicht begriffen wieso manche vieles haben und andere nichts! Ich habe mühe damit dass es einigen auf diese welt die sehr viel haben, zu viel während viele menschen täglich um überleben kämpfen müssen und täglich kindern verhungern.

    Ungerechtigkeiten habe ich selber viel erlebt und darunter gelitten. Ich empfinde es schon als riesen ungerechtigkeit nicht “artgerecht” leben zu dürfen, nicht verstanden zu werden und halt immer wieder mich so verhalten wie andere es wollen. Dabei habe ich auch meine bedürfnissen.

    Ich könnte schreien wenn ich mal wieder lese und höre wie ADS-kindern in der schule behandelt werden.

    Was ich auch merke: es scheint dass ich eine wenig ausgeprägte “autoritätsinn” habe als stinos und sehe jeden mensch, ob es der betriebleiter ist oder lehrling einfach als mensch. Vor meine cheffin kann ich oft meine klappe nicht halten wenn mich etwas nicht passt… Aber dabei sage ich laut was andere leise denken und sich nicht wagen zu sagen. Ich bin damit auch schon angeeckt und hatte nun gelernt es diplomatischer zu sagen (was ich oft auch schaffe).

    Manchmal bin ich gar nicht verstanden. Einmal am arbeit, setzte ich mich ein (weil ich mich darüber geärgert hatte) dass nicht immer die selben abwaschen, bin dabei emotional wie eine ADSlerin und schon tuen einige interpretieren ich hätte ein problem und denke zu viel für andere als ich sage ich habe nun eine ausgeprägte gerechtigkeitssinn.

    Manchmal kommt mich auch vor dass ich wegen meine reizoffenheit, nicht nur gefühlen von andere so gut wahrnehme, aber auch dass ich mich mit der welt stark verbunden fühle und daher auf ein art mich schnell für andere einsetzte weil es mich nie egal ist wie es mein nachbarn geht. Ich sehe es auch als stärke, nicht als “problem”.

    Ich will auch nicht gleichgültig sein wie viele menschen die nur meinen, es geht ihnen einfach nicht an…

    Antwort
  • Ich als Stino ertappe mich dabei, dass ich abwäge, ob das Kundtun einer erlebten oder miterlebten Ungerechtigkeit mir schaden könnte. Ich glaube daher, dass ADHSler und Stinos das gleiche Gerechtigkeitsempfinden haben, dass Stinos sich eher bremsen, wenn es um Autoritäten o.ä. geht.

    Zu dem Thema an sich möchte ich noch hinzufügen, dass ich ADHSler oft als großzügig erlebe. Beispiel: Wenn ein Kind mit ADHS sein komplettes Taschengeld für Süßigkeiten ausgibt, gibt es den anwesenden Freunden nicht bloß etwas ab, sondern teilt die Einkäufe gleichmäßig auf. Der Impuls es jetzt “schön / in Ordnung” zu haben überwiegt scheinbar das Berechnen, dass dann morgen weniger / nichts mehr von den Süßigkeiten übrig ist.

    Antwort
    • Ja, es könnte damit zusammenhängen, dass wir ADSler lernen müssen über unsere Mutgrenze zu gehen. Und wenn man das öfters macht, dann ists einem egal. Und Bremsen sind sowieso nicht so gut wahr zu nehmen.
      Also sehe ich eine Ungerechtigkeit, nehme die Probleme, die kommen könnten nicht so wahr, bins sowieso gewohnt, dass es Dresche gibt und sage frei heraus wie ungerecht ich etwas finde. 😉

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  • Na, dann will ich mal….

    Seit meiner Jugend ( was schon etwas her ist ) engagiere ich mich in politisch und sozial und habe das auch zumeinem Beruf machen können.
    Mir begegnen dort viele engagierte Menschen, etliche sind sozusagen Seelenverwandte.

    Nicht selten haben langjährige Begleiter im Erwachsenenalter die ADHS -Diagnose bekommen ( wie ich selbst ).
    Die Steh-auf-Männchen-Mentalität hilft auch dicke Bretter zu bohren, bzw. über Jahre aktiv und engagiert zu bleiben. Irgendwo kann man sich immer einklinken.
    Das mit dem Kick stimmt, leider hat man den zu selten.

    Was uns gemeinsam ist : wir gehen fast alle an/ über unsere persönlichen Grenzen.

    Oftmals wachsen gerade die stillen ADHS ler in ungerechten Situationen über sich hinaus und ergreifen Initiative, habe ich schon oft erlebt.

    Aber es frustet , über Jahre zu sehen, wie wenig andere Menschen sehen und falls doch, dass sie sich damit abfinden.

    Aber irgendwie suche ich mir dann einen neuen Zugang ……ich kann’s und will’s auf jeden Fall nicht lassen, mich zu engagieren. So geht es anderen auch und so trifft man sich über die Jahre immer wieder -:)

    Nur aufreiben soll mich das nicht mehr so.

    Antwort
    • Kilian Felber

      Ich bin ein “stiller ADSler” und ich kann dir nur recht geben.
      Ich sage selten freiwillig meine Meinung, aber wenn danach gefragt wird, oder eine Grenze überschritten wird, kippt bei mir ein Schalter und ich setze mich total für ein Thema ein.

      Die meisten Beteiligten gucken mich dann fassungslos an, aber offtmals bekomme ich von zwei drei Leuten danach die Rückmeldung, dass ich es total auf den Kern getroffen habe.

      Das tut dann echt richtig gut.

      Antwort
      • Ich habe auch ein sehr grossen Gerechtigkeitssinn, jedoch frühere und auch heutige Erfahrungen führten dazu dass ich nun lieber meinen Mund halte. Auch egal ob es mir nochmehr zusetzt als eh schon, mache ich Arbeiten für andere, die diese vergessen haben, nur damit die nicht einen auf den Deckel bekommen. Da ich eh schon als psychisch Kranke behandelt werde von einigen, nur weil ich eben andres bin, getraue ich mir es nicht zu sagen das etwas ungerecht war. Selbst nicht wenn es dabei um mich geht. Es gibt Kollegen die das spitz bekommen haben und mich inzwischen behandeln als sei ich Aschenputtel und mit mir umgehen wie sie wollen, weil ich mich nicht beschwere oder meine Meinung sage. Manchesmal stelle ich mir die Frage, was geglaubt wird wer ich bin und so langsam weis ich es auch nicht. Ich möchte es jedem recht machen und möchte nicht das andere einen Schaden bekommen, weil ich ein großes Bedürfniss nach Harmonie habe. Nur obwohl ich einfach nur Frieden haben möchte und jeder gleich behandelt werden soll, bekomme ich den Stempel auf die Stirn das man alles mit mir machen kann wie man will, aber als erwachsene, normalintiligente Person nimmt mich keiner bis auf wenige sehr gute Freundinnen wahr. Ich werde weil ich Streit und laute Worte vermeide nur als boxsack und nicht als Mensch gesehen. Dabei möchte ich lieber Menschen eine Freude machen, schwächere stützen und jeden Mensch so akzeptieren wie er ist, weil ich es als normal ansehe. Mich freut es Menschen ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern und sie zu unterstützen. Ich muss sogar vieles versteckt machen, also so dass es keiner mitbekommt wenn ich für andere etwas mache, weil es sonst als einschmeicheln bezeichnet wird und mein stand dann noch schlechter ist.

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