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ADHS Motivation und Dopamin

Vermutlich werden nicht alle Leser den Begriff „neurotypisch“ kennen. Damit sind nun Menschen gemeint, die hinsichtlich der neuropsychologischen bzw. neuropsychiatrischen Grundausstattung des Gehirns der (grauen) Masse entsprechen. „STINOS“ = stinknormale Menschen, wie ich sie gerne nenne.

Nun ja, was unterscheidet nun hinsichtlich der Motivation Stinos (neurotypische Kinder) von ADHS-Kids ?

Mit dieser Frage beschäftigt sich das sehenswerte englischsprachige Video (via The Family-Coach Lynne Kenney http://www.lynnekenney.com ):

ADHS-Kids haben ja keine Probleme sich zu motivieren – wenn es nun eine Aufgabe, eine Person oder eine Belohnung ist, die subjektiv eine hohe Attraktivität hat. Das Problem der ADHSler ist, dies auch bei eher „normalen“ bzw. eher langweiligen (Pflicht-) Aufgaben aufrecht zu halten. Und dies wiederum ist stark mit dem Botenstoff des Gehirns Dopamin verknüpft.

Aus der neurobiologischen Grundlagenforschung wissen wir halt, dass ADHSler zwar keinen absoluten MANGEL an Dopamin haben, wohl aber eben durch die Besonderheiten im Bereich der sog. Dopamin-Wiederaufnahme eine geringere Verfügbarkeit dieses für Erfolg und Streben nach einem Ziel so wichtigen Belohnungsstoffes. Wichtig dabei ist aber, dass ein ZIEL da sein muss. Und man ins Handeln kommt.

Die Grundidee bei ADHS ist jetzt, dass man Aktivitäten, die nun weniger „prickelnd“ sind, mit Aufgaben mit höherer Dopamin-Ausschüttung kombiniert. Nach meiner Erfahrung sollte man aber nicht darauf hoffen, dass dies im Sinne einer längerfristigen Belohnung als Anreiz funktioniert. Eher müsste man sein Gehirn halt durch ein wenig „Anreiz“ und Erfolg schon mal „vorglühen“, damit man dann eben auch etwas langweiligere Aufgaben erledigt.

Eben hatte ich dies auch in einer Therapiestunde. Meine Patientin war (verständlicherweise durch familiären Dauerzwist) ziellos. Sie hängt dann buchstäblich in einer dysphorischen (gereizten) Miesepeterstimmung, weil sie keine Ziele hat. Ich hatte dann vorgeschlagen, sie könnte ein Musikinstrument lernen. Toller Vorschlag … So wie bei so vielen ADHSlern hatte sie schon zig Sachen als Kind ausprobiert, aber nicht weiter verfolgt. Bis dann beim Saxophon die Eltern Stop gesagt haben. Weil es zu teuer gewesen wäre, ihr nach etlichen frustrierten Elternstolz-Anläufen auch noch ein Saxophon für 14 Tage zu kaufen. Dabei hätte sie jetzt wirklich Lust auf Saxophon. Was ihr damals fehlte, war ein funktioneller Zugang zum Lernen. Also einen Grund, WOFÜR sie das Üben auf sich nehmen sollte. Was kann ich damit anfangen ? Auf sehr praktischer Ebene.

Wir haben dann weiter überlegt. Wie so häufig darf man sich als Therapeut dann nicht entmutigen lassen. Ich habe weiter (verrückte, gute und schlechte) Vorschläge gemacht. Was das Gehirn ein wenig „entblockt“. Nicht der Inhalt der Vorschläge war es, sondern das über die Blockade hinweg in einen zuversichtlichen „Modus“ schalten. Plötzlich kam sie auf die Idee, dass sie ja eigentlich den Führerschein machen will. Und dass sie sich mal erkundigen könnte, ob sie hier damit anfangen könnte … Dann kam sie auf die Idee einer Patientenzeitung mit positiven Erlebnissen und Erfolgen. Was ich auch für eine sehr gute Idee halte. Und zuletzt erzählte sie mir, dass sie einen Zeitungsartikel ans schwarze Brett gehängt hatte mit 50 Dingen, die ein Norddeutscher gemacht haben müsste. Leider würde er schon nicht mehr hängen. Ich hatte den Artikel schon gesehen und sofort die Idee geklaut und wollte in einem Workshop mal 50 Dinge sammeln, die ein ADHSler getan haben müsste… (Vorschläge nehme ich auch hier gerne an).

Fazit: Sie war plötzlich in einer ganz anderen Stimmung. Ihr Gesichtsausdruck änderte sich, sie konnte sich Ziele besser vorstellen und sie damit auch verfolgbarer machen.

Was wiederum für mich eine Motivation war, den Artikel zu Ende zu schreiben. Erfolgreiche Motivation 🙂

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