ADHS, Medikation und Fahrsicherheit (Teil 2)
Bei Vorliegen einer ADHS besteht das Problem der Fahrsicherheit – wie bereits von Martin ausgeführt – in erster Linie vor der medikamentösen Behandlung.
Aber nicht bei allen ADHS-Betroffenen.
Mir sind zahlreiche erwachsene ADHS-Betroffene bekannt, welche trotz unbehandelter ADHS im Strassenverkehr nie ernsthaft Mühe hatten und bei welchen es auch zu keinen relevanten ADHS-bedingten Unfällen kam. Dabei handelte es sich entweder um Patientinnen und Patienten, welche beruflich mit dem Fahrzeug unterwegs waren oder sind (Taxi, Kurierdienste etc.) und/oder um Patienten, welche ihr Leben lang schon “Benzin im Blut” hatten. Letzteres sind vorwiegend Männer, welche sich – meist seit der Kindheit – leidenschaftlich gerne mit allem, was sich bewegt und Lärm macht, beschäftigen.
Für viele mir bekannte ADHS-Betroffene (inkl. jenen Personen, deren ADHS nicht bzw. noch nicht behandelt wurde), welche nie ersthafte Probleme beim Führen eines Fahrzeugs hatten, stellt das Auto- oder Motorradfahren eine Art “Therapie” dar. Wenn der Motorensound ‘stimmt’, wenn Häuser, Wälder, Brücken, Flüsse, Wolken, andere Autos usw. an ihnen vorbeigleiten und sie die feinen Vibrationen am Lenkrad verspüren, werden dieser Fahrer/-innen innerlich seelenruhig, entspannt und fokussiert. Ich kenne Auto- und Motorradfreaks mit einer ADHS, welche sich ins Fahrzeug setzen und einen Ausflug machen, um wichtige Dinge in Ruhe durchdenken zu können. All die visuellen, akustischen und taktilen Inputs scheinen diese Betroffenen neuronal zu stimulieren, was sie schliesslich ruhig und sehr konzentriert werden lässt.
Um nicht missverstanden zu werden:
Die von mir getroffenen Feststellungen stellen für ADHS-Betroffene keinen Freipass dar, um sich auf oder in die Karre zu setzen und abzurauschen. Diejenige Fachperson, welche einen Patienten mit ADHS-Verdacht untersucht, beurteilt je individuell, ob die Fahreignung gegeben ist oder nicht. Dabei kann es vorkommen, dass ein Patient erst nach Einleitung einer spezifischen Therapie wieder ein Fahrzeug führen darf (was die Patienten dann gar nicht lustig finden …).
Im Zweifelsfall (und insbesondere bei zusätzlichem Vorliegen von Alkohol- und anderen Drogenproblemen und/oder bei vorausgegangenen selbstverschuldeten Unfällen) ist eine verkehrspsychologische Untersuchung angezeigt.
Zugegeben, ich gehöre auch zu der Sorte, die bei langen Überland- oder Autibahnfahrten am besten denken können. Es macht richtig viel Spaß, stunden auf der Autobahn zu verbringen.
Aber es gibt dabei zwei Dinge:
a) das mehr als magere Budget….
b) das Umwelt- und Ressourcengewissen. Die Freude an der Fahrerei wird dann doch gedämpft, wenn man sich klarmacht, was für einen Rohstoff man eigentlich verbrennt.
Gesucht wird also dringend etwas, wie man den Effekt vom Langstreckenautofahren auch anders erreichen kann.
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